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Sacharow-Preisverleihung 2016

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Reden
Auswärtige Angelegenheiten - Menschenrechte - Interne Politikbereiche und Institutionen der EU
Straßburg
13-12-2016

Meine Damen und Herren,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist mir heute eine besondere Ehre, Nadia Murad und Lamya Haji Bashar die Preisträgerinnen des diesjährigen Sacharow-Preises, im Europäischen Parlament willkommen zu heißen: , zwei bemerkenswerte junge Frauen, die für ihre Gemeinschaft, die Jesiden, aufopferungsvoll kämpfen.

Zuallererst möchte ich Sie dazu einladen, sich ein kurzes Video anzuschauen.

Liebe Nadia Murad, liebe Lamya Haji Bashar,
Wir sind stolz, Sie heute hier begrüßen zu dürfen und wir verneigen uns vor dem Volk der Jesiden, einer der ältesten religiösen Gemeinschaften in der Geschichte der Menschheit.

Wir heißen auch Ihre Familien und Freunde herzlich willkommen.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
Es ist uns auch eine Ehre, bei der heutigen Preisverleihung die beiden anderen diesjährigen Finalisten Can Dündar und Mustafa Dschemilew begrüßen zu dürfen

Can Dündar war Chefredakteur der türkischen Zeitung Cumhuriyet, eine führende und unabhängigen Zeitung die dieses Jahr mit dem alternativen Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Herr Dündar wurde der Spionage beschuldigt und inhaftiert, nur weil er seiner freien journalistischen Arbeit nachging.

Mustafa Dschemilew, der jetzt gewähltes Mitglied des ukrainischen Parlaments ist, hat sein Leben dem gewaltlosen Kampf zum Schutz von Minderheiten, insbesondere der Tataren in der Ukraine, verschrieben. Er ist ehemaliger Präsident des Parlaments der Krim-Tataren und hatte das Privileg, ein Freund von Andrej Sacharow selbst gewesen zu sein, der für seinen Glauben an die Freiheit der Meinungsäußerung mit seinem Leben bezahlte.

Die heutige Preisverleihung ist auch ein Anlass für uns, an die Situation des Preisträgers vom letzten Jahr, Raïf Badawi, zu erinnern und die saudischen Behörden erneut aufzurufen, ihn freizulassen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Nadia Murad und Lamya Haji Bashar sind Heldinnen. Sie haben unbeschreibliche Gräueltaten erlitten, die Gefangenschaft überlebt und flohen ins Exil. Sie haben Furcht und Leiden überwunden und endlich Zuflucht und Schutz in Europa gefunden.

Nadia Murad und Lamya Haji Bashar kämpfen heute engagiert für diejenigen, die zurückgeblieben sind, sie kämpfen gegen Straffreiheit und für die Gerechtigkeit.

Nadia, Sie haben einmal gesagt: „Meine Geschichte zu erzählen und den Schrecken erneut zu durchleben, ist keine einfache Aufgabe, aber die Welt muss es wissen.“ Mir fehlen die Worte, um den Mut auszudrücken, der aus diesem Satz spricht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Nadia wohnte in dem ruhigen ländlichen Dorf Kocho im Irak, in dem Christen und Muslime friedlich als Nachbarn zusammenlebten. Am 15. August 2014 tötete Da'esh alle Männer in Nadias Dorf, und versklavte alle Frauen und Kinder.

Im November 2014 gelang es, Nadia Murad nach Deutschland zu entkommen.
Lamya Haji Bashar hat ihr Leben riskiert. Sie entkam dem Kriegsgeschehen und wurde durch die Explosion einer Landmine schwer verletzt.
Heute machen Nadia und Lamya uns auf das Leiden der Jesiden aufmerksam, treten für die Rechte von Frauen und Minderheiten ein, und führen eine Kampagne gegen den Menschenhandel und für die Anerkennung des Genozids an ihrem Volk.

Dies geht auch besonders uns in Europa etwas an: Denn nach dem Holocaust wurde „Nie wieder“ unser Schwur. „Nie wieder“ bedeutet nicht nur das Gedenken an Vergangenes, sondern auch die Pflicht für in Gegenwart und Zukunft, Menschen vor Verfolgung zu schützen.

Wir sehen Städte, die in Schutt und Asche liegen, und Kinder, die unter dem Geröll des Krieges begraben sind. Wir sehen ganze Dörfer, die von der Landkarte verschwinden, wo Männer getötet und Kinder und Frauen entführt werden.

Wir, die demokratischen Gemeinschaften in den wohlhabenderen Gegenden der Welt, bieten ihnen oftmals keinen Schutz. Das sollte uns beschämen und ist unerträglich.

Nadia und Lamya erinnern uns an unsere Pflicht, indem sie uns Ihre Geschichte erzählen. Nadia, Sie haben einmal gesagt: „Die Welt muss es wissen.“ Ja, die Welt muss es wissen. Und lassen Sie mich hinzufügen: Die Welt muss handeln.

Das Europäische Parlament unterstützt Ihre Forderung an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Kein Täter wurde bislang für die Verbrechen an den Jesiden vor Gericht gestellt. Der Internationale Strafgerichtshof muss die durch Da'esh begangenen Verbrechen untersuchen.

Nadia und Lamya, Ihr Kampf ist unser Kampf, und es erfüllt mich mit Stolz, Sie im Namen des Europäischen Parlaments heute mit dem Sacharow-Preis 2016 zu ehren.

Herzlichen Glückwunsch.

Für weitere Informationen:

europarl.president.press@europarl.europa.eu